Montag, 17. Juni 2013

Teil 36


Falls du die anderen Teile dieser Geschichte noch nicht gelesen hast, findest du sie hier.

Bevor er antwortete sah er sie lange einfach nur an. In gewisser Weise war es ja genau das was er wollte, als er sie hergebracht hatte. Dennoch viel es ihm unglaublich schwer über seine Vergangenheit zu sprechen. Noch nie hatte er jemanden davon erzählt. 
Noch nie hatte sich jemand dafür interessiert. Wie viel konnte er erzählen? Wie viel durfte er erzählen, ohne dass sie ihn für verrückt hielt.
 Er fürchtete, dass sie einfach gehen würde, wenn er ihr alles erzählte. Oder noch schlimmer, dass sie ihm glauben würde. Dann nämlich würde, ja musste sie ihn einfach hassen. Er hasste sich ja selbst für all das, was er getan hatte. 
Irgendwann stand er auf und reichte Maelle seine Hand. ,,Komm mit. Wir machen einen kleinen Spaziergang.“ Irritiert griff sie nach seiner Hand und ließ sich ohne Widerstand auf die Füße ziehen. Plötzlich stand sie direkt vor ihm. Viel zu nah. Zevs Atem stockte, als er ihren Duft ein sog. Ihr Haar roch nach Schokolade und Minze. 
So wie alles an ihr irgendwie einzigartig und besonders war, so war es selbst ihr Duft. Zev fragte sich, woran Maelle wohl in diesem Moment dachte und er wäre gerne mutig genug, sie zu fragen. War er aber nicht. Stattdessen trat er einen Schritt zurück. Maelle hatte ihren Blick nach unten gerichtet. 
Sie lächelte. 
Die Sonne war bereits untergegangen und hatte den Wald in absoluter Dunkelheit zurückgelassen. Sie ging neben ihm her und Zev spürte, dass sie besonders darauf achtete ruhig zu atmen. Er sprach sie nicht darauf an, sondern ging, den schmalen Pfad folgend immer tiefer in den Wald. 
Zev hatte ein genaues Ziel vor Augen, doch das verriet er ihr nicht. Schließlich sollte es eine Überraschung sein. Plötzlich endete der Pfad vor einem kleinen Brunnen, der dort bereits stand, so lange Zev denken konnte. Früher war er überlebenswichtig für sie gewesen, doch heute lag er ausgetrocknet und verlassen da. Ohne anzuhalten bog Zev rechts ab und marschierte in den Wald hinein. Er war bereits einige Meter voran gegangen, als er bemerkte, dass Maelle ihn nicht begleitet hatte. 
Völlig verloren stand sie am Rand des Weges und blickte irritiert zwischen die dunklen Tannen hindurch. Zev kam sofort zu ihr zurück und blieb direkt vor ihr stehen. ,,Alles in Ordnung?“ Ein scheues Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie leicht nickte. Kurz überlegte Zev ob es nicht klüger wäre zurück zu gehen, scheinbar hatte sie wirklich Probleme mit dem Wald. Ja sogar eine, für ihn unerklärliche Angst davor. 
Doch stattdessen folgte er einem Impuls und ergriff ihre Hand, um  sie sanft weiter hinein  zu ziehen. Ohne den geringsten Widerstand ließ sie sich von ihm führen. Keiner von beiden sprach, während er sie durch die Wirrungen des Waldes führte. 
Er bewegte sich schnellen Schrittes und ohne irgendwelche Probleme hindurch. Schließlich war dies seine Heimat. Er kannte jeden Ast und jeden Stamm und wusste wie er den einzelnen Felsen und Sträucher ausweichen musste. 
Maelle hingegen hatte deutlich mehr Probleme. Sie stolperte ziemlich häufig und als sie tatsächlich beinahe einmal hinfiel, konnte Zev sie gerade so auffangen. 
Dennoch hatte sie sich irgendwann ohne etwas zu sagen auf einen umgefallenen Stamm gesetzt und atmete unruhig. ,,Tut mir leid, ich hätte nicht gedacht, dass du den Wald so fürchten würdest. Wir können auch zurückgehen.“ Er kniete sich neben sie und blickte besorgt in ihr rot verfärbtes Gesicht. Maelle blickte ihm fest in die Augen, als sich überraschenderweise ein Lächeln auf ihre Lippen formte. ,,Ich habe doch keine Angst vor dem Wald.“ Sie rieb ihren Knöchel. ,,Ich bin einfach trotteliger als du. Lass uns weitergehen. Jetzt bin ich noch gespannter was du mir zeigen möchtest.“ Sie sprang auf ihre Füße, wodurch sich ihr zauberhaftes Gesicht für einen Augenblick in einen schmerzverzerrte Grimasse verwandelete. ,,Aber bitte etwas langsamer." Als Zev ungläubig die Augenbrauen hob, lächelte sie ihn schief an. 


  Copyright © Julia

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